Stadtverordnetenversammlung, 28.10.2020, WiesenhalleDie SVV im Oktober stand ganz im Zeichen der Haushaltsplanung für das Jahr 2021. Aufgrund der seit Jahren zu hohen Ausgaben Jüterbogs im Bereich der freiwilligen Leistungen (z.B. Kultur, Sport, Tourismus) fordert der Landkreis nun verpflichtend Einsparungen im Bereich der freiwilligen Aufgaben im Umfang von etwa 250.000€. Der Kämmerer hatte eine Übersicht der einzelnen Posten zusammengestellt, die dicksten Brocken sind Sport- und Vereinsförderung (Betrieb von Sportplätzen Zuschüsse für Sportstättennutzung), Kultur und Museen (Kloster Zinna und Mönchenkloster, inklusive Theater- und Konzertstätte) sowie die Wirtschaftsförderung bzw. das Bürgerbüro der Stadt. Die von der Verwaltung eingeforderte Diskussion der Fraktionen über Möglichkeiten zur Einsparung sollte das bestimmende Thema des Abends sein. Aber der Reihe nach:Chris Kaplick legt Mandat niederNachdem die Sitzung mit Feststellung der frist- und ordnungsgemäßen Einladung und der Beschlussfähigkeit eröffnet wurde, gab der Vorsitzende Danny Eichelbaum (CDU) bekannt, dass Chris Kaplick sein Mandat zum 9.10.2020 niedergelegt hat. Da die beiden auf der Wahlliste nachfolgenden Kandidaten Henrik Schulze und Ronny Leopold die Ernennung ablehnten, rückte nun Claudia Hofrichter in die AfD Fraktion nach. Sie wurde von Herrn Eichelbaum unter anderem auf die Verfassung der BRD verpflichtet. Unklar bleibt, ob damit auch wieder ein AfD Mitglied der AfD Fraktion angehört, nachdem die bisherigen Fraktionsmitglieder sich nach und nach von ihrer Partei losgesagt hatten bzw. nie Mitglied der AfD waren. Der Bericht des Bürgermeisters fiel äußerst knapp aus – Herr Raue wies lediglich darauf hin, dass die Stadt im Zuge der verschärften Maßnahmen zur Eindämmung der Corona Pandemie ihre Aktivitäten ebenfalls wieder einschränken wird und regte an, die Sitzungen der Ausschüsse und Beiräte zu pausieren. EinwohnerfragestundeHerr Dielitz vom Freundeskreis Mönchenkloster wollte wissen, warum die Stadt bisher noch keine Verträge für Veranstaltungen im kommenden Jahr geschlossen hat, und wies darauf hin, dass demnächst Fristen für die Beantragung von Fördermitteln ablaufen. Herr Raue verwies in diesem Zusammenhang auf die leeren Kassen der Stadt und erklärte, dass zunächst die Entscheidung der Stadtverordneten abgewartet werden müsse, in welchem Bereich denn nun der Rotstift zuerst angesetzt werden soll. Für den von der der SPD vorgeschlagenen und in der letzten SVV abgelehnten Neubürgerempfang hinterfragte Herbert Kuntze vom BBJ die vom Bürgermeister in der letzten SVV genannte Zahl von 700 Teilnehmern am Empfang. Er hielt diese Zahl für überzogen, eine Einschätzung die der Bürgermeister naturgemäß nicht teilte.Herr Lehmann beklagte sich über den viel zu niedrigen Wasserstand in den Teichen im Schlosspark und wies darauf hin, dass es Aufgabe der Stadt als Eigentümer ist, bei der Unteren Wasserbehörde für eine Erhöhung des Wasserpegels, z.B. durch Ertüchtigung der Zuläufe, zu kämpfen. Herr Raue versprach, einen entsprechenden Antrag in die Wege zu leiten. In Anbetracht der leeren städtischen Kassen und der nötigen Einsparungen warf auch Herr Hofmann als Vertreter des Sportbeirats seinen Hut in den Ring und rief die Stadtverordneten dazu auf, die Nutzungsgebühren für die Sportstätten nicht zu erhöhen oder zumindestfür Kinder unter 12 Jahren kostenfrei zur Verfügung zu stellen. In eine ähnliche Richtung ging das Plädoyer von Herr Troelenberg, der zusätzlich ein Einsparpotential von deutlich über 200.000€ bei der vorgesehenen Umgestaltung des Sportplatzes am Rohrteich in Aussicht stellte, da diese aus seiner Sicht teilweise unnötig ist. Anfragen der FraktionenUwe Hüttner vom BBJ wiederholte eine frühere Anfrage nach dem Stand der Überarbeitung des Gesellschaftervertrags der WOBAU, auf die das BBJ bisher keine Antwort erhalten hatte. Der Bürgermeister verwies auf den hohen Krankenstand in der Verwaltung und auf wichtigere Aufgaben, blieb aber einen Termin für die Beantwortung schuldig. Herr Papenroth von FJB wollte wissen, wann die Ampel am Dammtor endlich abgeschaltet wird, da die ja aufgrund der Baustelle momentan nicht benötigt wird. Die Antwort, dass dies der Sicherheit der Fußgänger, insbesondere der Sehbehinderten beim Überqueren der Straße diene, nahm er offensichtlich unzufrieden zur Kenntnis. Jaqueline Neumann vom BBJ hatte im Vorfeld der Diskussion über den Haushalt um zusätzliche Informationen, z.B. hinsichtlich der Betriebskosten der zur Disposition stehenden Einrichtungen gebeten. Die Anfrage war zuvor vom Bürgermeister abgelehnt worden, zusätzlich zum hohen Krankenstand diesmal auch mit Verweis auf die Kurzfristigkeit. In diesem Zusammenhang hob er nochmals die hohe Leistungsbereitschaft der (verbliebenen Mitarbeiter in der) Verwaltung hervor, die durch persönlichen Einsatz und Überstunden die Vorbereitung des Zahlenwerks ermöglicht haben.Wahl eines Vertreters zum JugendbeiratEin kurzes Intermezzo bildete die Wahl eines Nachrückers in den Jugendbeirat, der seit März nicht mehr vollzählig ist. Zur Wahl standen Paul Finster und Ronja Neumann. Letztere war in der SVV anwesend und stellte sich selbst und Ideen für mögliche Aktivitäten des Beirats vor. Paul Finster war aufgrund eines Fahrradunfalls verhindert, wurde aber letztendlich mit 14 zu 7 Stimmen mit der Mehrheit der aus Sicht des Bürgermeisters links sitzenden Fraktionen gewählt. Welche Qualitäten ihn für den Beirat qualifizieren, blieb deren Geheimnis. Vorschläge für Einsparungen bei den Freiwilligen AusgabenJetzt wurde also endlich über die heiße Kartoffel des Abends geredet. Hendrik Papenroth (FJB) ergriff als erster das Wort. Er erinnert daran, dass in seiner 6-jährigen Amtszeit als Stadtverordneter das Thema Haushalt und Reduktion der freiwilligen Leistungen regelmäßig ein Streitpunkt war. (Aber offensichtlich führte erst der Zwang vom Landkreis für das nächste Haushaltsjahr 2021 dazu, das Thema wirklich ernst zu nehmen). FJB hat die Diskussion über Einsparmöglichkeiten gemeinsam mit AfD, WSJ und BV / CDU geführt und ist letztendlich zu dem Schluss gekommen, dass das Museum in Kloster Zinna geschlossen sowie der Bereich Stadtmarketing eingestellt werden sollte, weil damit das Einsparziel von 250.000€ nahezu erreicht ist und so auch „ein Zeichen“ an den Landkreis und die Landesregierung gesetzt werden könne. In einem späteren Redebeitrag musste er allerdings eingestehen, dass aufgrund der mit dem Museum verbundenen Fördermittel eine Schließung vermutlich gar nicht vollständig möglich bzw. erlaubt wäre. In welchem Umfang man das Museum also schließen kann und welchen Einspareffekt eine „teilweise“ Schließung bringt, bleibt demzufolge völlig offen und ungeklärt. Man konnte fast den Eindruck haben, dass die Befürworter dieses Vorschlags sich die in der Vergangenheit auch vom BBJ geäußerte Kritik, dass sie Beschlussvorlagen der Verwaltung einfach durchwinken, aber dazu nicht Stellung beziehen, zu Herzen genommen haben. Jedenfalls ergriffen in Abständen mehrere Vertreter das Wort und beteuerten, wie außerordentlich schwierig ihnen diese Entscheidung gefallen ist (R. Valentin, WSJ), oder dass jetzt ein erster Ausgangspunkt für weitere Diskussionen geschaffen sei (U. Meyer, BV) oder dass an allem die Landesregierung schuld ist, die die Kommunen finanziell ausbluten lässt (M. Theilemann, nicht mehr AfD-Mitglied, aber noch in der AfD Fraktion). Weitere Vorschläge oder Begründungen für den Vorschlag wurden nicht vorgetragen. Lediglich Alexander Struck (WSJ) gelang ein versöhnlicher Appell, bei der bevorstehenden Entscheidung langfristig zu denken und auch mit Land bzw. Landkreis Lösungen zu finden, die zu einer besseren finanziellen Ausstattung der Kommunen im Land führen. Das nahm der Bürgermeister wiederum als Stichwort, um nochmal darzustellen, dass die Stadt Pflichtaufgaben erfüllen muss, die über das Maß anderer Kommunen hinausgehen. Als Beispiel nannte der den Waldbrandschutz bzw. die Waldbrandbekämpfung auf den ehemaligen Truppenübungsplätzen und konkret z.B. den kostenintensiven Bau von Löschbrunnen. Von dort schlug Herr Raue mir nichts, dir nichts eine Brücke zu Touristen und Zuzüglern, die aus seiner Sicht die Stadt unter dem Strich mehr kosten als sie einbringen (was ihm späteren Widerspruch der SPD einbringt). Der von Falk Kubitza vorgetragene Vorschlag der SPD setzt zunächst bei den Personalkosten an und schlägt flexiblere Arbeitsmodelle der in den betroffenen Einrichtungen beschäftigten Mitarbeiter vor, z.B. in Form eines Mitarbeiterpools. In erregter Weise legte Herr Raue dar, dass er sämtliche Möglichkeiten für organisatorische Verbesserungen als ausgeschöpft betrachtet und unterstellte Herrn Kubitza, keinen blassen Schimmer von der Arbeit der Verwaltung zu haben. An dieser Stelle fühlte sich auch der Kämmerer auf den Schlips getreten, da seine Teilnahme an der Sitzung trotz Krankschreibung ja wohl außerordentliche Flexibilität bewiese.Weiteres Einsparpotential sieht die SPD in der Umorganisation der Verwaltung, z.B. mit Blick auf die Wirtschaftsförderung, die zur Chefsache werden sollte. Was genau damit gemeint ist, konnte nicht abschließend geklärt werden. Zum Teil auch deshalb nicht, weil die beschränkte Redezeit von 3 Minuten (die Herr Eichelbaum angesichts der Brisanz des Themas zwar mit Augenmaß auslegte, aber eben nicht ins Unermessliche dehnte) genauere Erklärungen nicht zuließ. Ein weiterer Aspekt unter dem Gesichtspunkt der flexibleren Arbeitszeiten war, die Nutzung von Sporthallen durch Vereine unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Hallenwart zu gestatten, wie in manchen anderen Städten üblich. Dieser Vorschlag stieß dem Bürgermeister wieder sauer auf, der die Sporthallen im Chaos zu versinken prophezeite und Sachbeschädigungen und dauerbrennendes Licht befürchtet.Letzter Punkt des Vorschlags der SPD war, eine Zusammenarbeit mit dem Landkreis anzustreben, z.B. in Form eines Museumsverbunds zur Aufteilung der Kosten. Die Phantasie des Bürgermeisters reichte aber offensichtlich nicht aus, um sich eine erfolgreiche Umsetzung dieses Teils des Vorschlags vorstellen zu können. Ronald Schrank vom BBJ unternahm daraufhin einen Versuch, etwas Licht ins Dunkel der Zahlen zu bringen und doch noch Antworten für einige der Fragen zu erhalten, deren Beantwortung der Bürgermeister im Voraus abgelehnt hatte, z.B. nach den Fixkosten der Einrichtungen, möglichen Folgekosten nach der Schließung oder den realistischen Einsparmöglichkeiten im Bereich Personal. Das vorliegende Zahlenwerk ist schlicht nicht detailliert genug, um basierend darauf verschiedene Möglichkeit sorgfältig abzuwägen und eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Herr Schrank machte außerdem deutlich, dass ihm abgesehen von den Kandidaten für Kürzungen Vorschläge für die Erhöhung der Einnahmen der Stadt fehlen. Der Hoffnung, durch bessere Personalplanung und Umorganisation in der Verwaltung Kosten zu sparen, erteilte der Bürgermeister daraufhin einen Dämpfer, da man die tariflich Beschäftigten ja nicht von heute auf morgen vor die Tür setzen könne. Herr Raue erläuterte außerdem am Beispiel des Freibades, dass im Falle einer Schließung die Personal- und Betriebskosten nahezu unverändert weiterlaufen würden. Glücklicherweise ist die Schließung des Freibads von keiner Fraktion Ronald Schrank musste macht abschließend deutlich, dass man sich beim BBJ noch nicht auf einen konkreten Vorschlag zur Reduzierung der freiwilligen Leistungen festgelegt hat. Vielmehr haben sich bei den fraktionsinternen Diskussionen 3 Optionen ergeben:1. Einen (besonders teuren) Posten komplett streichen2. Eine gleichmäßige Kürzung aller Posten um etwa 16% (angesichts einer Gesamtsumme von freiwilligen Leistungen von etwa 1,5 Mio € entspricht das der geforderten Reduktion von 250.000€)3. Maßnahmen zur Erhöhung der Einnahmen der Stadt Für letzteres brach Uwe Hüttner vom BBJ erneut eine Lanze für Zuzüge von Bürgern und die Neuansiedlung von Firmen in Erwartung der dementsprechend höheren Steuereinnahmen. In Anbetracht des zunehmenden Siedlungsdrucks im Berliner Speckgürtel (Tesla, Logistikbranche) sah er in dieser Hinsicht gute Erfolgsaussichten, wenngleich das eher eine langfristige Maßnahme darstellt. Hier erntete er Widerspruch vom Wirtschaftsförderer, der sichtlich verärgert auf die erheblichen Investitionskosten für Bauplanung und Erschließung von geeigneten Flächen hinwies und den schwarzen Peter einmal mehr bei der Landesregierung sah. Zuguterletzt wies Herr Hüttner noch darauf hin, dass die Stadt zwar über eine Bürgerbeteiligungssatzung verfügt, diese aber in jüngerer Vergangenheit noch nie zur Anwendung kam. Vielleicht wäre die Diskussion über das Einsparpotential bei den freiwilligen Leistungen ein geeignetes Thema für eine Premiere, zumindest um den Stadtverordneten ein Stimmungsbild aus der Bürgerschaft zu vermitteln. Auf die Versammlung zurückblickend stellen wir vom BBJ fest, dass die konkreteste Idee des Abends der gemeinsame Vorschlag von BV / CDU, FJB, WSJ und AfD war. Der Kern der Begründung, dass damit die Jüterboger selbst am wenigsten unter den Folgen der Einsparungen leiden müssten ist stichhaltig und nachvollziehbar und ließe sich womöglich mittragen, wenn man sich für Option 1 entscheidet. Einziger Schönheitsfehler ist die Unsicherheit hinsichtlich der tatsächlich erzielbaren Einsparungen. Bevor dieser Vorschlag so beschlossen werden kann, müssen unbedingt die offenen Fragen nach den Folgekosten und rechtlichen Randbedingungen beantwortet werden, so wie von uns bereits gefordert. EndspurtNachdem die Debatte um den Haushalt sich erschöpft hatte, ging es in flinken Schritten dem Ende der Sitzung entgegen. Zunächst wurde die Verabschiedung des Sitzungsplans 2021 auf Vorschlag von Uwe Hüttner mit einstimmigem Beschluss zurückgestellt, da der gewohnte Turnus der Versammlungen (z.B. SVV am letzten Mittwoch im Monat) häufig unterbrochen war und nicht alle Abgeordneten die Möglichkeit für Rückmeldungen dazu hatten. Die Schulbezirkssatzung wurde einstimmig angenommen, mit der Randbemerkung von Ronald Schrank (BBJ), dass eine gewisse Rechtsunsicherheit bestehen könnte, weil für die Festlegung der Schulbezirke die Schulkonferenz nicht angehört wurde. Zum Abschluss der Sitzung standen noch zwei Beschlussvorlagen der Verwaltung auf dem Programm, mit denen Fördermittel für die Sanierung der Wiesenhalle und die (eingangs von Ernst Troelenberg kritisierte) Umgestaltung des Sportplatzes am Rohrteich beantragt werden sollen. Für beide Vorhaben wäre eine 90%ige Förderung möglich. Nachdem der Kämmerer auf Nachfrage von Ronald Schrank nochmal bestätigt hat, dass die angegebenen Kosten zunächst rein informativer Natur sind und die Vorhaben mit der Abstimmung nicht endgültig beschlossen sind, wurden beide Vorlagen einstimmig angenommen.

Für interessierte gibt es die Tagesordnung hier zum Nachlesen:Tagesordnung der SVV vom 28.10.2020:https://jueterbog.more-rubin1.de/show_pdf.php?_typ_432=einl&_doc_n1=2020-SVV-164_4.pdf&_nk_nr=&_nid_nr=pdf_sitzungen&_neu_dok=&status=&sitzungsnummer=2020-SVV-164